Christiana Soulou: I Accept If You Can Tolerate Me Silently
Fervor, line, beauty and the soul: a language.
The same fervor of Dante’s Vita Nova permeates Christiana Soulou’s earliest works — in particular the drawing of a human skeleton titled I Accept if You Can Tolerate Me Silently, or La Bergère, the incarnation of amorous ecstasy.
Since her earliest drawings, all work by Soulou has been characterized by the expressive qualities of the line. The line follows a musical plasticity, and is modulated by its subtlety, its thickness, its clarity. As the line will wound the paper, the line will heal it. Like music, her oeuvre is non-representational. We can compare her work to madrigals, short musical pieces for a small group of voices.
Beauty, an essential quest of the artist’s work, can either be spurned or desired, and it is inextricable from love. But beauty is not pleasing, although it is defined by an aesthetical judgement. Beauty is the expression of that which is hidden, it is therefore enigmatic. It is a characteristic of the soul; moreover, it is a quality of the torment of the soul.
The work of Christiana Soulou more than drawing, is the development of a language. It is a work with a philosophical dimension, inscribed in the tradition of thinkers such as Antonin Artaud, Georges Bataille and Heinrich von Kleist. What the artist shares with these authors and their work is the experience of limits and the exploration of the human condition. Her work is inseparable from the development of thinking, as witnessed by the artist’s parallel activity of writing.
Soulou becomes the characters of her drawings; there is no descriptiveness in her work.
This exhibition comprises a selection works from 1982, and four major series of drawings, two of which made for the exhibition in Berlin.
Water (1983-85) is the trial of a soul that reclaims its body. With gravity displaced over a lapse of 71 stanzas, Water gives a voice, a grammar, and a syntax to the pain of ex-centricity.
In time and in conception, Roman Ruin (The Public) (2012) antecedes Water. It was once lost, or destroyed and it was recently drawn again. (In memory only, reconsidered passiony—t.s. eliot) It is the cruel dialogue, un canto d’amore between two lovers.
The Tarots are a research on human characters and do not narrate a story: they propose ways of being, paths of behaviour and the way of fate. The 22 tarots form a circle, and are the correlative of the curvilinear perspective of her drawings, and the mirror of the wider structure of Dante’s otherworld, to be experienced in circular motion.
The Dead Man –inspired by Georges Bataille’s text from 1964 — is when and where sexuality becomes full fledged. It is composed of 14 drawings “dans un chemin de beauté”. It is an elegy to Marie’s dead lover written by Bataille in the language of sexual ecstasy, here with full awareness of the body. Soulou’s The Dead Man recognizes the body as the arena where the soul with its pain, its pleasure, its longing and its violence are staged.
On the occassion of the exhibition, Capitain Petzel has published a book of writings by Christiana Soulou.
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Leidenschaftlichkeit, Linie, Schönheit und die Seele: eine Sprache
Die frühesten Werke von Christiana Soulou sind von derselben Leidenschaftlichkeit wie Dantes Vita Nova durchdrungen – insbesondere die Zeichnung eines menschlichen Skeletts mit dem Titel I Accept if You Can Tolerate Me Silently oder La Bergère, die Verkörperung der Liebesekstase.
Seit ihren frühesten Zeichnungen wurde das gesamte Werk von Soulou durch die Ausdrucksqualitäten der Linie gekennzeichnet. Die Linie folgt einer musikalischen Plastizität und wird von ihrer Feinheit, ihrer Dicke und ihrer Klarheit moduliert. Die Linie wird das Papier verletzten, also wird die Linie es auch heilen. Ihr Werk ist – wie auch die Musik – ungegenständlich. Wir können ihr Werk mit Madrigalen vergleichen, kurzen musikalischen Stücken für eine kleine Gruppe von Stimmen.
Die Schönheit, eine wesentliche Bestrebung innerhalb des Werks der Künstlerin, kann entweder abgelehnt werden oder erwünscht sein – und sie ist untrennbar mit der Liebe verbunden. Aber die Schönheit ist nicht anziehend, obwohl sie durch ein ästhetisches Urteil definiert wird. Schönheit ist der Ausdruck dessen, was verborgen ist – deshalb ist sie rätselhaft. Sie ist eine Eigenschaft der Seele; darüber hinaus ist sie auch ein Merkmal der Seelenqual.
Im Werk von Christiana Soulou geht es um mehr als nur um die Zeichnung: es geht um die Entwicklung einer Sprache. Es handelt sich um ein Werk mit einer philosophischen Dimension, das sich in die Tradition von Denkern wie Antonin Artaud, Georges Bataille und Heinrich von Kleist einfügt. Was die Künstlerin mit diesen Autoren und deren Werk gemeinsam hat, ist die Erfahrung von Grenzen sowie die Erforschung der Lebensbedingungen des Menschen. Ihr Werk ist untrennbar mit der Entwicklung des Denkens verbunden, wovon auch die parallele literarische Aktivität der Künstlerin zeugt.
Soulou wird zu den Gestalten ihrer Zeichnungen; ihr Werk ist ganz und gar nicht von beschreibendem Charakter.
Diese Ausstellung umfasst eine Auswahl von Arbeiten seit dem Jahr 1982 sowie vier wichtige Serien von Zeichnungen, von denen zwei für die Ausstellung in Berlin entstanden sind.
Water (1983–85) stellt die Prüfung einer Seele dar, die ihren Körper zurückfordert. Mit großem Ernst erstreckt sich Water über eine Spanne von 71 Strophen und verleiht dabei dem Schmerz der Exzentrizität eine Stimme, eine Grammatik und eine Syntax.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Entstehens und die Konzeption geht Roman Ruin (The Public) (2012) dem Werk Water voraus. Es war einmal verlorengegangen oder wurde zerstört, und erst kürzlich wurde es erneut gezeichnet. (In memory only, reconsidered passion – t.s. eliot) Es ist der grausame Dialog, ein canto d’amore zwischen zwei Liebenden.
Bei den Tarotkarten geht es um die Erforschung von menschlichen Charakteren; sie erzählen keine Geschichte – vielmehr schlagen sie Lebensweisen, Verhaltensmöglichkeiten und einen Schicksalsweg vor. Die 22 Tarotkarten bilden einen Kreis, sie sind die Entsprechung der kurvenförmigen Perspektive ihrer Zeichnungen und der Spiegel der weiter gefassten Struktur von Dantes Jenseits, das in kreisförmiger Bewegung zu erfahren ist.
In The Dead Man – von Georges Batailles Text aus dem Jahr 1964 inspiriert – ist die Sexualität voll entwickelt. Diese Arbeit setzt sich aus 14 Zeichnungen “dans un chemin de beauté” [in einem Weg der Schönheit] zusammen. Sie bildet eine Elegie auf Maries toten Geliebten, die von Bataille in der Sprache der sexuellen Ekstase geschrieben wurde, hier mit vollem Bewusstsein des Körpers. Soulous The Dead Man begreift den Körper als den Schauplatz, wo die Seele mit ihrem Schmerz, ihrer Freude, ihrer Sehnsucht und ihrer Gewalt in Szene gesetzt wird.
Anlässlich der Ausstellung hat Capitain Petzel eine Publikation mit ausgewählten Schriften der Künstlerin herausgegeben.